
Scharfe Kritik Israels und der USA an Macrons Vorstoß zur Anerkennung eines Palästinenserstaats

Die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Paris ist in Israel und den USA auf scharfe Kritik gestoßen. "Diese rücksichtslose Entscheidung dient nur der Propaganda der Hamas und verzögert den Friedensprozess", erklärte US-Außenminister Marco Rubio am Freitag. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach von einer "Belohnung für Terror". Die Bundesregierung erklärte ihrerseits, Deutschland plane "kurzfristig" keine Anerkennung eines Palästinenserstaates.
Macron hatte am Donnerstagabend erklärt, Frankreich werde bei der UN-Generalversammlung im September einen palästinensischen Staat offiziell anerkennen. Er begründete den Schritt mit Frankreichs "historischem Engagement für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten".
Von der Regierung in Israel wurde Macrons Schritt mit Empörung aufgenommen. Netanjahu kritisierte, der Plan biete eine "Startrampe für die Vernichtung" Israels. "Die Palästinenser wollen keinen Staat neben Israel, sie wollen einen Staat anstelle von Israel", betonte er. Außenminister Gideon Saar erklärte mit Verweis auf radikalislamische Palästinenser, dass ein palästinensischer Staat "ein Hamas-Staat" sein werde.
US-Außenminister Rubio erklärte im Onlinedienst X, die USA lehnten den Plan Macrons "entschieden" ab. Der Schritt sei auch "ein Schlag ins Gesicht der Opfer vom 7. Oktober", fügte Rubio mit Blick auf den brutalen Angriff der Hamas auf Israel an dem Tag im Jahr 2023 hinzu.
Palästinensische Vertreter begrüßten hingegen die geplante Anerkennung durch Frankreich. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprach von einem "Sieg für die palästinensische Sache". Die Entscheidung der Regierung in Paris "spiegelt Frankreichs Entschlossenheit, das palästinensische Volk und sein legitimes Recht auf ihr Land und ihr Heimatland zu unterstützen."
Die radikalislamische Hamas forderte andere Staaten auf, einen Palästinenserstaat ebenfalls anzuerkennen. "Insbesondere europäische Nationen und jene, die den Staat Palästina bisher noch nicht anerkannt haben", sollten dem Vorbild Frankreichs folgen.
Der Sprecher der Bundesregierung, Stefan Kornelius, erklärte seinerseits, Berlin betrachte die Anerkennung eines palästinensischen Staates "als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung" in Nahost. Nur eine "verhandelte Zwei-Staaten-Lösung" könne "dauerhaft Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen". Gleichzeitig sei die Bundesregierung aber auch "bereit, den Druck zu erhöhen", wenn Fortschritte bei der Lösung des Konflikts ausblieben, betonte Kornelius.
Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot wies die Vorwürfe aus Israels und den USA zurück. "Die Hamas hat eine Zweistaatenlösung immer ausgeschlossen. Indem Frankreich Palästina anerkennt, stellt es sich gegen diese terroristische Organisation", erklärte Barrot auf X.
Saudi-Arabien, Katar und Kuwait sowie der Golf-Kooperationsrat, dem auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain angehören, begrüßten die Entscheidung der französischen Regierung. Katar, das bei den Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas eine Vermittlerrolle einnimmt, sprach von einem Schritt hin zu einem "gerechten und umfassenden Frieden in der Region".
Unterdessen rückt eine baldige Vereinbarung einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas erneut in weite Ferne: Fast drei Wochen nach Beginn der jüngsten Gesprächsrunde im katarischen Doha hatten Israel und die USA am Donnerstag beschlossen, ihre Delegationen abzuziehen. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, beschuldigte die palästinensische Seite, die Gespräche durch neue Forderungen "bewusst sabotiert" zu haben. Auf X erklärte er weiter, Hintergrund sei ein interner Machtkampf zwischen Kommandanten der Hamas im Gazastreifen und der Führung der Palästinenserorganisation in Katar.
Die Bundesregierung erklärte, für sie seien ein Waffenstillstand im Gazastreifen, die Freilassung der israelischen Geiseln, eine Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen und eine politische Perspektive für das Gebiet vordringlich. Zudem dürfe es "keine weiteren Schritte hin zu einer Annexion des Westjordanlandes geben", erklärte Kornelius.
Im September ist ein Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs geplant, um eine Zwei-Staaten-Lösung voranzutreiben. Die unter dem gemeinsamen Vorsitz Frankreichs und Saudi-Arabiens geplante UN-Konferenz war im Juni wegen des Kriegs zwischen Israel und dem Iran kurzfristig verschoben worden.
Mindestens 142 Staaten weltweit haben nach einer AFP-Zählung einen Palästinenserstaat bereits anerkannt oder planen, dies zu tun, darunter Norwegen, Spanien, Irland und Slowenien. Israel und die USA lehnen eine Zwei-Staaten-Lösung ab.
Wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steigt der internationale Druck auf Israel. Der Krieg in dem Palästinensergebiet war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1210 Menschen getötet, 251 wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 49 Geiseln von den Islamisten festgehalten, mindestens 27 von ihnen sind nach israelischen Angaben jedoch tot.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch in dem dichtbesiedelten Küstenstreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden bislang mehr als 59.100 Menschen getötet. Die Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden, die UNO stuft sie aber als glaubwürdig ein.
V.Cortes--HdM