
Asylbewerberleistungen als Darlehen: Vorschlag aus Thüringer SPD sorgt für Debatte

Der Vorschlag zweier Thüringer SPD-Landräte, Geflüchteten Asylbewerberleistungen nur als Darlehen zu gewähren, hat für eine Debatte gesorgt. Der CDU-Politiker Philipp Amthor hält ihn für "prüfenswert", der Thüringer SPD-Landeschef Georg Maier ihn hingegen für "inhaltlich unausgereift". Scharfe Kritik kommt von der Geflüchtetenorganisation Pro Asyl: Diese hält den Vorschlag für "unsozial" und "aller Voraussicht nach verfassungswidrig".
Die SPD-Landräte Matthias Jendricke und Marko Wolfram aus Thüringen schlugen am Donnerstag vor, Sozialleistungen für volljährige Asylbewerber, anerkannte Geflüchtete und Ausländer aus Nicht-EU-Ländern künftig als zinsloses Darlehen auszuzahlen. "Wir brauchen endlich wieder einen echten Reformwillen der Berliner Politik und kein Herumdoktern an einem zunehmend dysfunktionalen System", sagte der Nordhäuser Landrat Jendricke dem Magazin "Stern". "Wer in unser Land kommt und hier bisher nichts eingezahlt hat, darf Sozialleistungen nur noch als zinsloses Darlehen bekommen."
Funktionieren soll der Kredit laut Jendricke ähnlich wie beim Bafög für Studierende: Wer rasch eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehme, müsse nur einen Teil der empfangenen Leistungen zurückzahlen, sagte der Landrat dem "Stern". Zudem sollten bei raschen Rückzahlungen Abschläge gewährt werden. Der Landrat des Kreises Saalfeld-Rudolstadt, Marko Wolfram, ergänzte, Ziel sei es, Migranten zur raschen Arbeitsaufnahme zu motivieren.
Laut Jendricke sollte Geflüchteten das Darlehen zur Hälfte erlassen werden, wenn sie innerhalb eines Jahres in Arbeit wechselten und eine Sprachprüfung absolvierten. "Auch der erfolgreiche Schulabschluss von Kindern könnte mit einem Rückzahlungsbonus für die Eltern belohnt werden", ergänzte er.
Es sei richtig, "dass man da die Gerechtigkeitsfrage stellt", sagte der CDU-Politiker Amthor, der parlamentarischer Staatssekretär im Digitalministerium ist, dem Sender Welt TV. Denn es gehe um Zahlungen der Gemeinschaft, "ohne dass vorab etwas eingezahlt wurde in diesen Sozialstaat".
Der Vorschlag werfe zwar auch "eine Reihe von juristischen Fragen" auf, betonte das CDU-Vorstandsmitglied. "Aber den Grundgedanken, den finde ich interessant. Nämlich zu sagen, der Fokus liegt nicht darauf, nur Leistungen zu verteilen der Gemeinschaft, sondern Anreize zu schaffen für Integration und Arbeit. Denn damit ist ja allen vielmehr geholfen."
Die Idee der zwei Landräte könne "ein echter Motor für Integration und Eigenverantwortung" sein, erklärte auch der Vorsitzende der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, Daniel Peters. Es freue ihn sehr, "dass auch die SPD sich inzwischen offen in solche Reformdebatten einbringt". Rechtliche Fragen müssten geprüft werden, es dürfe aber "keine Denkverbote" gebe.
Kritischer sieht die SPD-Landesspitze in Thüringen den Vorstoß. Dieser sei "inhaltlich unausgereift und wirft verfassungsrechtliche Fragen auf", erklärte SPD-Landeschef und Innenminister Maier. "Integration braucht tragfähige Konzepte, nicht riskante Experimente mit Sozialleistungen." Die angestoßene Debatte darüber, wie Geflüchtete schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden können, nannte Maier aber "wichtig und notwendig".
Von einem "unsozialen" Vorschlag spricht Pro Asyl. Dieser verkenne "die Realität und missachtet grundlegende Rechte", betonte deren flüchtlingspolitischer Sprecher, Tareq Alaows.
Das Bundesverfassungsgericht habe mehrfach festgestellt, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums im Falle von Bedürftigkeit einen Rechtsanspruch auf materielle Unterstützung beinhaltet. Bürgergeld oder andere Sozialleistungen künftig nur als Darlehen zu gewähren, dürften daher verfassungswidrig sein.
Alaows zufolge würde die Auszahlung von Asylbewerberleistungen per Darlehen zudem die Integration erschweren. "Wer in Unsicherheit und mit Schulden lebt, hat schlechtere Chancen auf nachhaltige Beschäftigung."
R.Parra--HdM