
Bundestag streicht Möglichkeit zur beschleunigten Einbürgerung

Der Bundestag hat am Mittwoch eine migrationspolitische Reform der früheren Ampel-Regierung zurückgenommen. Die Möglichkeit zur beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland wird durch das nun verabschiedete Gesetz ersatzlos gestrichen. Künftig kann die deutsche Staatsangehörigkeit erst nach mindestens fünf Jahren Aufenthalt beantragt werden. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einem "klaren Signal", um Anreize zur illegalen Migration abzuschaffen.
In der namentlichen Abstimmung votierten 450 Abgeordnete für das Gesetz. Neben den Abgeordneten der Koalitionsfraktionen von Union und SPD stimmte auch die AfD-Fraktion mit Ja. Es gab 134 Nein-Stimmen, die von Linken und Grünen kamen, sowie zwei Enthaltungen.
"Der deutsche Pass wird als Anerkennung für gelungene Integration zur Verfügung stehen und nicht als Anreiz für illegale Migration", sagte Dobrindt im Bundestag. Deswegen werde die Turbo-Einbürgerung "ersatzlos" abgeschafft. Zwar sei "Einbürgerung ein bedeutender Faktor für den Zusammenhalt in unserem Land", sagte Dobrindt - "aber ausschließlich doch dann, wenn sie am Ende eines Integrationsprozesses steht und nicht am Anfang".
Die Ampel-Koalition hatte im vergangenen Jahr in ihrer Reform des Staatsbürgerschaftsrechts die Möglichkeit für Zugewanderte geschaffen, schon nach drei Jahren einen deutschen Pass zu bekommen. Voraussetzung dafür waren besondere Leistungen bei der Integration.
Dobrindts Gesetzentwurf lässt andere Punkte der Staatsbürgerschaftsreform der Ampel-Regierung weiter in Kraft. Die Reform hatte den Mindestaufenthalt in Deutschland vor der Einbürgerung von acht Jahren auf im Regelfall fünf Jahre gesenkt - dabei soll es bleiben. Auch an der generellen Hinnahme doppelter Staatsbürgerschaften soll sich nichts ändern. Eingebürgerte müssen nicht auf andere Staatsbürgerschaften verzichten, wenn sie einen deutschen Pass wollen.
Der AfD-Abgeordnete Jochen Haug warf der Koalition deshalb eine "Inszenierung" vor, "um den Leuten eine Migrationswende zu verkaufen, die es gar nicht gibt". In Wirklichkeit lasse die Koalition die "für Deutschland fatale" Staatsbürgerschaftsreform der Ampel "in weiten Teilen bestehen", sagte Haug.
Die SPD-Vizefraktionsvorsitzende Sonja Eichwede hob in ihrer Rede hervor, dass die früher von der Union abgelehnte doppelte Staatsbürgerschaft in dem neuen Gesetz nicht angetastet werde. "Das befriedet einen langen Konflikt", sagte Eichwede. "Mit dem heutigen Beschluss erkennen alle Koalitionspartner die doppelte Staatsbürgerschaft an."
Die Rücknahme der so genannten Turbo-Einbürgerung sei kein Verlust, sagte die SPD-Politikerin. "Sie wurde kaum genutzt." In ihrem Heimat-Bundesland Brandenburg etwa sei die Regelung nur in einem einzigen Fall zur Anwendung gekommen.
Die Grünen übten scharfe Kritik an der Rücknahme der Reform, an deren Verabschiedung sie als Regierungspartei in der Ampel mit beteiligt waren. Die Abgeordnete Filiz Polat warnte davor, dass die Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland abschrecken könnte. "Diese rückwärtsgewandte Politik schadet der Integration und schadet der Wirtschaft", sagte Polat.
Der Linken-Abgeordnete Ferat Kocak warf der Koalition Anbiederung an den rechten Rand vor. "Mit Ihrer Migrationspolitik machen Sie den Hass der AfD salonfähig und wundern sich, dass die AfD stärkste Kraft wird", sagte Kocak.
Der Sozialverband Diakonie bedauerte das Aus der Turbo-Einbürgerung. "Statt Integration zu belohnen, bremst die Politik sie aus - und sagt faktisch: Engagement zahlt sich nicht aus", kritisierte Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik.
Kritik äußerte auch der Wirtschaftsweise Martin Werding. Es werde "nicht an die Erwerbsmigranten gedacht, die bei Fachkräftemangel enorm hilfreich sind für Deutschland", sagte er dem rbb-Inforadio.
K.Bravo--HdM