"Im Guten auseinander": Müller im Reinen mit Bayern-Abschied
Der ehemalige Fußball-Weltmeister Thomas Müller ist mit seinem Abschied vom deutschen Rekordmeister Bayern München im Reinen. "Ich habe mich trotz meiner veränderten Rolle beim FC Bayern sehr wohlgefühlt, ich war wirklich gerne Teil dieser Mannschaft und wäre es im Frühjahr auch gerne geblieben. Aber aus heutiger Sicht kann ich schon sagen, dass mir das Abenteuer in Vancouver auch als Fußballer emotional wahrscheinlich mehr gegeben hat als eine Hinserie mit dem FC Bayern als Ergänzungsspieler", sagte der ehemalige Nationalspieler im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Mittwochsausgabe).
Müller hatte die Münchner im vergangenen Sommer nach 756 Pflichtspielen in 17 Jahren in Richtung der Vancouver Whitecaps in die Major League Soccer verlassen, bei den Kanadiern übernahm er umgehend eine Führungsrolle und stieß mit der Franchise bis ins MLS-Finale gegen Inter Miami um Weltmeister Lionel Messi vor. Er genieße bei den Whitecaps vor allem die Verantwortung "für die Mannschaft auf dem Platz. Das hat mir in München am Ende ein bisschen gefehlt", sagte der 36-Jährige, der zum Ende seiner Münchner Zeit unter Trainer Vincent Kompany nicht über eine Rolle als Ergänzungsspieler hinausgekommen war. Man sei "im Guten auseinandergegangen".
Er wolle im Nachgang "keine Sekunde meiner Zeit bei den Bayern missen. Nirgendwo steht man so im Schmelztiegel der Aufmerksamkeit wie als Nationalspieler in München. Das habe ich so sehr geliebt, in guten wie in schlechten Zeiten", sagte Müller. So glaubt er etwa auch, dass Nationalspieler Florian Wirtz es mit einem Wechsel nach München fußballerisch "einfacher gehabt" hätte. "Aber das ist noch lange nicht zu vergleichen mit der medialen Aufmerksamkeit, die man als Spieler hat, wenn es für einen beim FC Bayern nicht läuft. Da ist man täglich in der Schmelze. Als Ausländer wird man einfach nicht so sehr besprochen!"
Was er nach seiner aktiven Karriere macht, weiß Müller noch nicht. "Mein Plan ist, Fußball zu spielen – und danach zu spüren, was mir fehlt. Und um das besser zu spüren, könnte es schon interessant sein, mal in ein paar Themen reinzuschnuppern, vielleicht ein Studium in Sportmanagement zu belegen oder einen Trainerschein zu machen, keine Ahnung", sagte er. Er wolle sich "alle Freiheiten nehmen und deshalb nichts ausschließen. Aber ich weiß leider jetzt schon, dass das Gefühl, am Wochenende in einem vollen Stadion ein Tor zu schießen oder ein Spiel mitzuentscheiden, das Größte bleiben wird. Intensiver wird's nicht mehr im Leben. Ich habe noch keinen ehemaligen Fußballprofi getroffen, der gesagt hat: Am Schreibtisch ist es jetzt aber viel geiler!"
M.Arroyo--HdM